Von Entromantisierung und Hochzeitswahnsinn

Hallo, ihr Lieben!

Eigentlich ist der Frühling dafür bekannt, Mensch und Tier den Hormonhaushalt auf den Kopf zu stellen, bei Männern seltsames Brunftverhalten auszulösen und bei Frauen jeden Alters für knappe Bekleidung zu sorgen.
Der Wonnemonat Mai führt die Rangliste der Liebesmonate deutlich an. Deshalb verwundert es auch kaum, dass überall - wirklich überall - geheiratet wird.
Beinahe epidemisch breitet sich das Hochzeitsfieber in unserem Freundes- und Bekanntenkreis aus und die sozialen Medien werden überschwemmt mit Bildern glücklicher Frauen in weiß und Männern in Anzügen.
Ab und zu fällt mein Blick auf das Datum des Bildes, dann schüttel ich den Kopf, zucke mit der Schulter und besinne mich wieder auf das Schauen.



Letzte Woche erst waren wir zu Gast auf einer Hochzeit.
Es war Freitag, der 15.05.15. DAS Datum überhaupt. 

Die meisten Hochzeiten - das behaupte ich - sind keine Spontaneinfälle.
Wenn erst einmal beschlossen wurde, heiraten zu wollen, wird geplant, besprochen, anprobiert... Die Liste der Vorbereitungen ist endlos lang.
Und irgendwann während des ganzen Procederes geht man auf das Standesamt und vereinbart für den 'schönsten Tag seines Lebens' einen Termin.

Der Kampf um das Datum:
Einige Paare wissen schon ganz genau, wann die Trauung stattfinden soll. Haben sie sich erst auf ein Datum festgesetzt, werden die Standesämter abgegrast.
Tage, wie der 15.05.15 sind so heiß begehrt, dass 5 Anrufe bei unterschiedlichen Standesämtern nötig waren, bis eins gefunden wurde, das noch ein Plätzchen frei hatte.

Darauf folgte der Kampf um die richtige Uhrzeit:
Natürlich reicht es nicht, sein Wunschdatum bekommen zu haben. Was nützt es denn, wenn die Uhrzeit nicht stimmt?!
15 Uhr. Oder besser noch... 15:15 Uhr.
Andere Paare waren schneller und durften ihren Traumtag zu einer Traumuhrzeit erleben.
Der 15.05.15 blieb es.
Um 9 Uhr am Vormittag. Immerhin.

Der Kampf um ein gutes Foto vor dem Standesamt:
Die Trauung selbst ist vergleichsweise am Schnellsten wieder vorüber.
Viele Stunden der Vorbereitung, der Aufregung und der Vorfreude stehen 15 Minuten Festakt gegenüber. Wenn sich die Beamten Zeit lassen, werden es vielleicht sogar 20.
Dann strömt die Hochzeitsgesellschaft aus dem Gebäude. Das Paar wird von Freunden, Bekannten und Verwandten empfangen und man versammelt sich zu einem Gruppenfoto.
Nett gedacht, aber wer rechnet denn damit, dass schon die nächste Gesellschaft wenige Augenblicke später durch die Tür des Standesamtes tritt?!
So umkämpft wie das Datum und die Uhrzeit, wird dann auch der Vorplatz für ein einziges Bild, bevor man an die Seite tritt und den nachfolgenden Paaren Platz macht.
An Tagen wie diesem ist die Maschinerie des Amtes gut geölt und eng getaktet. Da hilft nur noch Rückzug.

Mir stellt sich in solchen Augenblicken die Frage, ob jedes andere Datum nicht gleich gut gewesen wäre und ob es überhaupt eine Rolle spielt.
Sehr wahrscheinlich handelt es sich um knallhartes Kalkül der baldigen Ehefrau.
Hat der Mann tatsächlich den 18. Jahrestag vergessen, hat sie berechtigter Weise jeden Grund sauer zu sein. Schließlich ist das Datum wahnsinnig einprägsam.
Weshalb auch immer die Seligkeit von ein paar Zahlen abhängig ist, tatsächlich zählt nur eins:

Lieben - Leben - Leiden - Lachen - Leidenschaft

Und wenn sie nicht gestorben sind...

Eure Chrissy